Mit dem Fahrrad zum Nordkapp – 5003 Kilometer Abenteuer, Ausdauer und unvergessliche Momente

Ute Könnecke und Andreas Wagner nach ihrer Tour zurück in Lehrte.

Es war kein sportliches Großprojekt von Extremsportlern, sondern ein Herzensabenteuer zweier engagierter Lehrter: Ute Könnecke (60) und Andreas Wagner (63), beide ehrenamtlich aktiv bei der Lehrter Tafel und dem Technischen Hilfswerk, haben sich einen Traum erfüllt – mit dem Fahrrad von Lehrte bis zum Nordkapp und wieder zurück. In 60 Tagen legten sie 5003 Kilometer und 43.255 Höhenmeter zurück – eine Reise, die ihnen alles abverlangte und sie zugleich mit unzähligen Eindrücken belohnte.

Am Starttag in Lehrte zeigte sich der Himmel von seiner besten Seite. Bei Sonnenschein und leichter Brise machten sich die beiden auf den Weg Richtung Travemünde, wo die erste Etappe mit einer Fährfahrt nach Helsinki endete. Die finnische Hauptstadt beeindruckte die beiden mit ihrer Vielfalt und Freundlichkeit – ein perfekter Auftakt, bevor es richtig losging: Richtung Norden, zum Polarkreis und weiter bis ans Ende Europas.

„Wir haben nichts geplant, sondern uns von Tag zu Tag treiben lassen“, berichtet Andreas Wagner. „Jeden Tag war es eine Fahrt ins Blaue – abhängig vom Wetter, den Straßenverhältnissen und den Unterkünften.“ Dieses spontane Reisen machte die Tour zu einem echten Abenteuer. Auf ihrem Weg durch Finnland fühlten sich die beiden mitunter in eine andere Welt versetzt. „Manchmal kam es uns vor, als wären wir in den USA oder Kanada – mit weiten Landschaften, alten Goldgräberorten und einsamen Straßen.“ Die vermeintliche Vorstellung vom flachen Finnland erwies sich schnell als Trugschluss: Es ging täglich auf und ab, Höhenmeter ohne Ende.

Die beiden sind sportlich, aber keine Profis. Ihr Durchhaltevermögen, so sagen sie, verdanken sie auch dem Training im LSV-Sportpark in Lehrte. „Unsere Trainerinnen Andrea Mundhenke und Yvonne Bär haben uns fit gemacht – ihre Einheiten waren die beste Vorbereitung auf das, was kam“, sagt Ute Könnecke mit einem Schmunzeln.

Nach rund drei Wochen erreichten sie Rovaniemi, die Stadt am Polarkreis, und legten einen Zwischenstopp beim Weihnachtsmann ein. Wenige Tage später überquerten sie die Grenze zu Norwegen – und mit ihr änderte sich auch das Klima. Es wurde windig, kalt und einsam. „Die Landschaft war atemberaubend – Schneefelder, Rentiere und eine Stille, die man fast hören konnte.“

Ein besonderer Höhepunkt – im wahrsten Sinne des Wortes – wartete kurz vor dem Ziel: der Nordkapptunnel, fast sieben Kilometer lang und bis zu 212 Meter unter dem Meeresspiegel. „3,4 Kilometer bergab mit neun Prozent Gefälle und danach wieder hoch mit zehn Prozent Steigung – das war Wahnsinn, vor allem mit 20 Kilogramm Gepäck am Rad“, erinnert sich Andreas Wagner. „Wir waren froh, als wir wieder oben waren.“

Am 24. Tag stand dann endlich das große Ziel bevor: das Nordkapp, 71 Grad nördlicher Breite, wo die Sonne im Sommer nicht untergeht. „Als wir die letzte Kurve genommen haben und die berühmte Kugel sahen, war das unbeschreiblich“, sagt Ute Könnecke. „Das war pures Glück, Adrenalin und Erleichterung zugleich.“

Die beiden am Nordkap.

Doch anstatt von dort den Rückflug anzutreten, entschieden sie sich, den Rückweg ebenfalls mit dem Rad anzutreten – diesmal über Norwegen und Schweden. Das Wetter blieb eine Herausforderung: Regen, Wind, Schnee und dichter Nebel begleiteten sie durch die nordische Wildnis. „Trotzdem haben wir alles gemeistert – ohne Pannen, ohne Verletzungen.“

Ein Highlight der Rückreise war der Abstecher mit einem Hurtigruten-Schiff von Tromsø durch den Trollfjord bis zu den Lofoten, die sie bei Sonnenschein durchquerten. Von dort führte die Route weiter über den Polarkreis nach Süden, dann über die Berge nach Schweden. „In Schweden war es trockener, aber immer noch kalt“, erzählen sie. „Je weiter wir nach Süden kamen, desto angenehmer wurde es – und endlich konnten wir auch mal die Sonnencreme benutzen.“

Auf ihrem Weg nach Göteborg begegneten sie der nordischen Tierwelt hautnah: einem Elch, einer Rentierherde am Straßenrand – und einem hölzernen Riesenbären, der stolz als größter seiner Art gilt. Nach mehreren Tagen erreichten sie Göteborg, erkundeten die Stadt und setzten schließlich mit der Fähre nach Kiel über. Von dort ging es auf der letzten Etappe wieder zurück nach Lehrte, wo sie nach 60 Tagen erschöpft, aber glücklich eintrafen.

„Wir haben so viel erlebt – freundliche Menschen, grandiose Landschaften, völlige Einsamkeit und manchmal auch grenzenlose Erschöpfung“, resümieren die beiden. „Wir haben in alten Wohnwagen, im Gefängnis, in Hütten und Gästehäusern geschlafen. Und jedes Mal war es anders, aber immer besonders.“

Das Fazit der beiden Nordkappradler fällt eindeutig aus: „Man sollte nicht zu viel reden – einfach machen.“ Ihre Tour ist der beste Beweis dafür, dass Abenteuer keine Frage des Alters sind, sondern des Mutes.

„5003 Kilometer, 43.255 Höhenmeter, 60 Tage – und kein einziger Tag, den wir bereut hätten.“

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