
Ein Gottesdienst, vier Fußballspiele, zwei lustige Spiele für Kinder, fünf Spaßspiele für Erwachsene, eine Siegerehrung, ein Gewinnerteam und dann großer Jubel oder große Trauer – so lässt sich die Dorffehde „Norddorf gegen Süddorf“ auf der Sportanlage am Schmiedeweg am Himmelfahrtstag sachlich beschreiben. Sachlich ist bei der Sievershäuser Dorffehde am 29. Mai aber rein gar nichts.
Schon seit Wochen necken sich die Sievershäuser südlich und nördlich der John-F.-Kennedy-Straße, die beide Dorfhälften voneinander trennt. Es beginnt traditionell auf den Prunksitzungen der örtlichen Karnevalsgesellschaft SOS, wo die Fuhsedeppen, beides Süddörfler, genüsslich in ihrer Büttenrede über die Nörddörfler herziehen und damit den Saal der Frickburg „zum Kochen bringen“. So dauert es dann nicht lange, bis Sven Heise in seinem Garten an der John-F.-Kennedy-Straße eine übergroße rote Norddorf-Fahne hisst. Dies lässt sich der gegenüber wohnende Matthias Elfers natürlich nicht bieten und kontert mit einer Süddorf-Fahne in blau. Der inoffizielle Startschuss zur Dorffehde ist damit gesetzt.
Schon sieht man im Dorf immer mehr T-Shirts in den jeweiligen Dorfhälftefarben; denn blau steht für das Süddorf und rot für das Norddorf. Bei Heimspielen der Fußballer tragen die Zuschauer nicht mehr das Trikot ihres Vereins, sondern outen sich als Einwohner ihrer Dorfhälfte. Eltern bekommen Stress mit ihren Kids, wenn sie das schöne neue Hemd für den Schulbesuch herauslegen. Nein, vor Himmelfahrt wird in Sievershausen blau oder rot getragen. Der Riss zwischen den Dorfhälften wird immer sichtbarer und die Stimmung frostig.
So fiebern alle Sievershäuser dem großen Tag entgegen, wenn sich die Anspannung endlich entladen kann. Scharenweise ziehen sie gegen 10 Uhr zum Sportplatz, wo traditionell Pastor Thorsten Leißer bei einem erfrischenden Freiluftgottesdienst im 16-Meterraum des Sportplatzes noch mal versuchen wird, den tiefen Graben zwischen den Dorfhälften zuzuschütten. Da hier aber schon der erste Punkt des Tages für die Dorfhälfte mit den meisten Gottesdienstteilnehmern vergeben wird, werden seine Bemühungen, ebenfalls traditionell, im Sande verlaufen.
Anschließend geht es dann richtig zur Sache, denn es messen sich die Dorfhälften beim Fußballspielen und bei den Spielen ohne Grenzen.
Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren spielen ab 11 Uhr Fußball beziehunsgweise Gehfußball (Senioren) gegeneinander. Natürlich sind hier auch Nichtfußballer herzlich willkommen. Ab etwa 13 Uhr heißt es dann „Start frei“ für das „Spiel ohne Grenzen“. Die Organisatoren lassen sich jedes Jahr tolle und lustige Spiele einfallen, bei denen die Zuschauer ihren Spaß haben und die Lachmuskeln strapaziert werden. Was gespielt wird, bleibt bis zum Spielbeginn ein Geheimnis. Nur dass es lustig wird, das weiß inzwischen jeder Besucher der bekannten Dorffehde.
Gegen 17 Uhr wird dann die wichtigste Frage des Jahres beantwortet sein: Wird der Bürgermeister aus dem Norden oder aus dem Süden die Ehrentafel unter dem Jubel seiner Dorfbewohner in die Höhe recken? Die Ehrung wird von Ortsbürgermeister Armin Hapke vorgenommen. Das Süddorf ist hoch motiviert und möchte den knappen Rückstand von 8,5 zu 9,5 Siegen wettmachen.
Die nicht ganz ernst gemeinte Dorffehde bringt Spaß für die ganze Familie. So gibt es auf dem Sportplatz weitere Aktionen. Eine große Hüpfburg, Spielzeug aus dem Spielmobil und Bastelangebote stehen für die kleinen Akteure bereit. Nachmittags wird auch der „Große Tobini“, ein Zauberclown, die kleinen Akteure unterhalten. Natürlich ist für ausreichend Essen und Trinken auch mit einer großen Kaffeetafel gesorgt, damit sich Zuschauer und Athleten ausreichend stärken können.
Nach geschlagener Fehde findet anschließend die Aussöhnung in der „Dritten Halbzeit“, mit der Gewissheit statt, dass die Harmonie spätestens vorbei sein wird, wenn Himmelfahrt 2026 naht.